Wohnen in der Rhein-Ruhr-Region
Unser Vorhaben
Vor diesem Hintergrund untersuchte BPD, wie Wohnen und Wohnentwicklung in der Region Rhein-Ruhr künftig aussehen kann, welche Möglichkeiten vorhanden sind und welcher Bedarf besteht.
Denn wir stellen bei unseren Entwicklungen die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt. Diese können regional sehr unterschiedlich sein. Um uns auf den Bedarf einer Stadt oder einer Region einzustellen, beschäftigt sich unsere Abteilung Gebietsentwicklung und Marktforschung unter anderem mit tatsächlichen Wohnwünschen in der jeweiligen Region.
BPD will in einer detaillierten Studie die Chancen und Potenziale, Leitbilder und Wohnwünsche in der Region Rhein-Ruhr untersuchen. Ausgewählt haben wir hierfür die drei Städte als zentrale Entwicklungsachse des Ruhrgebiets: Essen, Bochum und Dortmund.
Was haben wir untersucht?
BPD hat in einer detaillierten Studie die Chancen und Potenziale, Leitbilder und Wohnwünsche in der Region Rhein-Ruhr untersucht. Ausgewählt haben wir hierfür die drei Städte als zentrale Entwicklungsachse des Ruhrgebiets: Essen, Bochum und Dortmund.
Wichtig war uns dabei, keinen klassischen Wohnungsmarktbericht zu erstellen. Vielmehr wollten wir mit empirischer Sozialforschung samt umfangreich angelegter Bürgerbefragung die Wünsche und Wohnbedürfnisse der Einwohnerinnen und Einwohner in den ausgewählten Städten der Region kennenlernen.
Uns interessierten vor allem die aktuelle Wohnungsmarktentwicklung und Wanderungsbewegungen, außerdem Fragen zu Identität und Leitbild der Gesamtregion sowie zu Entwicklungszielen und Flächenpotenzialen. Außerdem interessierten uns die städtebaulichen Leitbilder der einzelnen Städte, die Nachfrage nach bestimmten Produkten und die allgemeine Stimmung im regionalen Diskurs zum Thema Wohnungsneubau.
Unser Vorgehen
Wir haben im Sommer 2020 im ersten Schritt mit einer Betrachtung der bestehenden Wohngebiete in den ausgewählten Städten begonnen und haben deren Profil analysiert. Dazu haben wir Experteninterviews geführt und in Workshops mit ausgewählten Akteuren aus Politik, Verwaltung, Wohnungswirtschaft, regionalen Unternehmen und Zivilgesellschaft über Stadtentwicklung diskutiert. Im Herbst 2020 haben wir für die Studie in den drei ausgewählten Städten Essen, Bochum und Dortmund mit einer breit angelegten Bürgerbefragung gestartet. Zudem haben wir ein experimentelles Dialogformat des „Streetologen“ Pim van den Berg angewendet, um mit Einwohnerinnen und Einwohner ins Gespräch zu kommen und unterschiedliche Sichtweisen kennenzulernen.
Die exklusive Vorstellung der Studienergebnisse zum Wohnen in der Rhein-Ruhr-Region fand im Frühjahr 2022 auf der polis Convention statt. Die Ergebnisse wurden öffentlich präsentiert und zur breiten Diskussion gestellt.
Ergebnisse auf einen Blick
Der Blick auf die Ergebnisse der RuhrStädteStudie zeigt spannende Trends:
1. Das Ruhrgebiet trifft die aktuell gefragten Wohnbedürfnisse
Die Nachfrage nach Wohnraum ist in den letzten zwei Jahren gewachsen: Die Corona-Pandemie hat bei vielen Menschen geradezu den Wunsch nach Wohnen im Grünen und mehr Wohnfläche verstärkt. Nicht zuletzt, weil Homeoffice für viele inzwischen zum Alltag gehört. Gerade im Ruhrgebiet lässt es sich grün, kleinstädtisch und vergleichsweise preiswert wohnen – und das mit dem Kultur- und Arbeitsplatzangebot einer Metropole. Die Vermischung von Stadt und Landschaft im Ruhrgebiet und die weniger städtischen Wohnpräferenzen der dortigen Einwohner haben somit einen positiven Effekt auf den Wohnungsmarkt. Das trifft einen aktuellen Wohntrend und macht die Region zum spannenden Investitionsstandort für Investoren und Projektentwickler.
2. Das Ruhrgebiet bietet mehr als Industriekultur
Das Ruhrgebiet ist durch Industrie geprägt – und das bis heute. Dabei war Arbeit der Entstehungsgrund der Region als großer Ballungsraum und folglich Ursache für die Identifikation mit der Marke „Industriekultur“. Doch die Begrifflichkeit ist ambivalent zu betrachten: Einerseits gibt sie dem Ruhrgebiet ein unverwechselbares Gesicht, andererseits bietet die Region außerhalb der Industriekultur viele andere Natur- und Kulturdenkmäler. In den nächsten Jahren wird es weniger um neue Arbeitsplätze gehen, sondern um einen attraktiven Wohnstandort für Menschen, die neu zuziehen oder im Ruhestand im Ruhrgebiet bleiben wollen. Die Kopplung des Ruhrgebiets an Kohle und Stahl ist nicht mehr zeitgemäß, hierbei bedarf es eines Umdenkens.
3. Das Einfamilienhaus beliebter als in anderen Regionen
Die Nachfrage nach Wohnen im Grünen ist im Ruhrgebiet besonders hoch und das Einfamilienhaus ist vergleichsweise beliebter als in anderen Regionen. Ein solches Einfamilienhaus nimmt im Verhältnis viel Fläche ein, gilt als Verkehrsverursacher und ist dabei aufwändig zu dämmen. Trotzdem werden die freiwerdenden Einfamilienhäuser in den nächsten Jahren nicht ausreichen, um den geplanten Wohnentscheidungen der jüngeren Generationen gerecht zu werden. Umso mehr braucht es ein Angebot an kreativen und nachhaltigen Wohnprodukten, um vielfältige Milieus von Einheimischen und Zugezogenen zu begeistern.
Dabei gilt: Der Wohnungsbestand im Ruhrgebiet ist aufgrund der geringen Bautätigkeit in den letzten 30 Jahren überarbeitungsbedürftig. Es besteht ein Nachholbedarf im Wohnungsneubau. Dabei ist die Gestaltung der Region mit einem Angebot an vielfältigen Wohnmilieus gefragt. Es braucht urbane Einsteigerwohnungen für Familien und Typologien, welche die Vorteile des Hauses auch bei etwas höherer Dichte zur Geltung bringen. Nur so bleibt die Region für die jüngere Genration attraktiv. Gleichzeitig braucht es zeitgemäße Wohnangebote für seniorengerechtes Wohnen, sodass der Generationswechsel im Wohnungsbestand beschleunigt wird.
Stadtportraits
„Das Ruhrgebiet war in den letzten Jahren von der Karte der deutschen Wohnungsbau-Projektentwickler fast verschwunden. Die wieder steigenden Haushaltszahlen führen nun dazu, dass in substanziellem Maße Wohnungsneubau nötig ist. Dies stellt eine Chance dar, die Städte baulich weiterzuentwickeln.“
Ergebnisse im Detail
Der genauere Blick auf die Ergebnisse der RuhrStädteStudie ergibt unsere Hauptthesen:
1. Metropole ohne typische Metropolbewohner
Der Blick auf die Ergebnisse der RuhrStädteStudie zeigt spannende Trends:
Das Ruhrgebiet ist definitiv anders
Unser empirischer Stadtforscher Pim van den Berg war im Ruhrgebiet unterwegs. In den drei Städten Essen, Bochum und Dortmund sprach er in vielen Quartieren mit zahlreichen Menschen über Wohnen, Freiraum, Stadtentwicklung sowie ihren Alltag.
Unsere Schlussfolgerung
Die Kombination aus Wohnungsbedarf, Erschwinglichkeit und niedriger Eigentumsquote macht das Ruhrgebiet attraktiv:
- Für Käufer aus breiten Schichten der Bevölkerung ist die Eigentumsbildung bezahlbar und kalkulierbar.
- Für Projektentwickler ist es ein spannender Investitionsstandort.
- Für Kommunen stimmen die Rahmenbedingungen, um städtebauliche Nachholbedarfe anzupacken.
2. Die Ruhrstädte: Gleich und doch nicht gleich
Die Besonderheiten des Ruhrgebiets im bundesweiten Vergleich leiten über zur Frage:
Ist das Ruhrgebiet EINE Metropole oder sind es mehrere Städte?
Unsere Schlussfolgerung
- Die „Vollsortimenter“-Philosophie und das sprichwörtliche „Kirchturmdenken“ führen zu einer Schwächung der Gesamtregion.
- Die Herausarbeitung individueller Stärken der Städte führt hingegen zu mehr eigener Identität und mehr eigenem Image.
- Arbeitsteilung kann auch schmerzhaft sein:
Wenn nicht jede Stadt alles haben kann, wird nicht jedes Zentrum einer RuhrStadt in Zukunft noch Einkaufsstadt mit funktionierender Fußgängerzone sein können.
3. Im Ruhrgebiet wohnt man auch (und arbeitet nicht nur)
Arbeit war der Entstehungsgrund des Ruhrgebiets als großer Ballungsraum.
Expertengespräche
In unseren Expertengesprächen hörten wir oft die Argumentation, dass der Strukturwandel im Ruhrgebiet v. a. bedeute, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wegen der Arbeit kämen die Menschen und die Zukunft. Wohnen sei in den RuhrStädten ohnehin kein Problem, weil es so schön billig im Vergleich zu anderswo sei. Wir sagen dazu:
Nur kein Problem zu sein, reicht nicht.
Unsere Schlussfolgerung
Wohnen und Lebensqualität werden immer mehr ein Standortfaktor.
Das heißt: Städte sollten baulich weiterentwickelt werden. Dafür sind neue Projekte nötig. Leuchtturmprojekte müssen das Gefühl geben, dass etwas passiert.
Kreative Wohnmilieus sollen Einheimische und Zugezogene begeistern.
4. Für wen bauen wir? Und was?
Wegen der Haushaltsverkleinerung und der Überalterung des Gebäudebestands besteht ein substanzieller Bedarf an Neubauwohnungen.
Nun wird im Ruhrgebiet gebaut – allerdings insgesamt zu wenig, in vielen kleinen und an nur wenigen großen strategischen (und dann sehr langfristigen) Projekten. Und es gilt: wenig im Norden, der durch sein niedrigeres Preisniveau bei steigenden Bau- und Grundstückskosten als „Grenzertragslage“ für Projektentwickler gilt. Wir hatten die Befragten in unserer Wohnwunschbefragung deshalb gefragt, ...
...wo sie gerne wohnen würden, wenn sie die Wahl hätten.
Unsere Schlussfolgerung
Die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot bei EFH hält länger an als bislang gedacht.
Ein gutes Angebot an altengerechten Wohnprojekten o. ä. kann die Umzugsneigung leicht erhöhen – das wird aber nicht reichen. Man kann die Menschen nicht „aus dem EFH zwingen“ – wer den Wunsch nach dem EFH negiert, beschränkt Junge stärker als Alte oder vertreibt sie ins Umland.
5. Standortbindung erhöhen, Umzugsketten ermöglichen
In der Wohnwunschbefragung haben wir uns darauf konzentriert herauszufinden, welche Wohnungsprodukte für welche Zielgruppen auf dem aktuellen Markt fehlen.
Unsere Schlussfolgerung
Die RuhrStädte sollten die Bedürfnisse der beiden älteren Zielgruppen erfüllen:
- So beschleunigen sie den Generationswechsel bei Häusern und größeren Wohnungen.
- So bleiben mehr Jüngere in der Stadt und brauchen kein Bauland.
Die RuhrStädte sollten auch die Bedürfnisse der beiden jüngeren Zielgruppen erfüllen: So bleiben die Städte in Zeiten des Fachkräftemangels zukunftsfähig.
Wunschzettel an Projektentwickler
Allen Gesprächspartnern haben wir abschließend die gleiche Frage gestellt:
Was wünschen Sie sich von einem Wohnungsbau-Projektentwickler, der in der Region aktiv ist bzw. wird?
Ähnlich wie beim echten Wunschzettel ...
... ist möglicherweise nicht alles sofort erfüllbar, aber nur wer Wünsche kennt, kann sich auch über deren Erfüllung Gedanken machen.