Stellplätze im Wohnungsbau – Ein IW-Gutachten im Auftrag von BPD

Aktuelle Stellplatzschlüssel passen nicht zum Bedarf
Ein zentrales Ergebnis: Die oftmals hohen Vorgaben der Landesbauordnungen und kommunalen Stellplatzsatzungen für Stellplätze im Neubau orientieren sich kaum am tatsächlichen Bedarf der Bewohner. Wie viele Stellplätze ein Privathaushalt braucht, variiert stark. Die IW-Forscher haben dies auf Basis der Daten der Mobilität in Deutschland (eine Befragung im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums) untersucht. Während ein Haushalt in einer Metropole im Durchschnitt mit 0,8 Pkw auskommt, sind es im ländlichen Bereich doppelt so viele mit 1,6 Pkw pro Haushalt. Versorgungsstruktur, ÖPNV-Anbindung, Haushaltsgröße, Alter der Bewohner und Kaufkraft differenzieren diesen Wert weiter aus.

„Kostentreiber im Wohnungsbau“
Das IW sieht in den aktuellen standortunabhängig starren Stellplatzregularien einen „Kostentreiber im Wohnungsbau […], der weder zur aktuellen Marktlage noch zu den Zielen der Mobilitätswende passt“ (1. Gutachten, S. 2).
Das Gutachten offenbart ein Spannungsverhältnis zwischen privatem und öffentlichem Parkraum als auch zwischen bezahlbarem Wohnen und der Bereitstellung von Parkplätzen. In der Praxis werden die Kosten für die Stellplätze auf die Wohnungspreise umgelegt. Der durchschnittliche Preisaufschlag für einen Tiefgaragenstellplatz einer Neubau-Wohnung liegt bei 10 Prozent – die Zahlungsbereitschaft für den ersten Stellplatz ist aber tendenziell höher. Daraus kann abgeleitet werden, dass Stellplätze oftmals zu billig angeboten werden (müssen) – und Wohnungen ohne Stellplatz einerseits weniger Baukosten verursachen, andererseits aber auch weniger wert sind. Für kostensparenden Wohnungsbau bietet das Thema Stellplätze deshalb einen wichtigen Hebel.

Mobilitätsangebote im Quartier als Treiber für kostengünstigeren Wohnungsbau
Gerade beim zweiten Stellplatz sinkt die Zahlungsbereitschaft der Kunden für wohnungsnahes und überdachtes Parken enorm – ein klarer Hinweis darauf, wie sinnvoll Mobilitätslösungen auf Quartiersebene sind – seien es Quartiersparkhäuser oder CarSharing-Angebote.
Empfehlungen des IW
Mehr Marktwirtschaft beim Stellplatzbau kommt der Mobilitätswende zugute. Stellplätze belegen wertvolle Flächen und ihnen kommt in Zeiten von steigenden Bau- und Wohnkosten eine besondere Bedeutung zu.
Auf Basis des Gutachtens empfiehlt das IW, bei zukünftigen Stellplätzen den tatsächlichen Bedarf der Haushalte und des Standorts stärker zu berücksichtigen. Das IW spricht sich zudem dafür aus, „die Themen Mobilität und Stellplätze als auch Flächensparen und Klimaschutz ganzheitlich zu betrachten, damit nicht erforderliche Bebauungen für (Tiefgaragen-)Stellplätze langfristig vermieden werden“ (1. Gutachten, S. 47). „Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, Stellplatzkonzepte differenziert nach Standorttyp und Mikro-Lage zu entwickeln.“ (2. Gutachten, S. 44). Da dies eine sehr projekt- und standortspezifische Frage ist, erscheint der Weg von Hamburg, Berlin und Niedersachsen, die Stellplatzsatzung ganz abzuschaffen, weit zielführender als der Weg Nordrhein-Westfalens mit dem Anspruch einer allgemeingültigen bedarfsgerechten Ausdifferenzierung der Stellplatzplatzsatzungen. Beides ist aber weit besser als die starren Regelungen in Süddeutschland.
Eine bedarfsgerechte Stellplatzversorgung durch Wohnungswirtschaft und Parkhausbetreiber setzt jedoch voraus, dass die Kosten für Park- und Stellplätze direkt von den jeweiligen Nutzern getragen werden, unabhängig davon, ob diese im öffentlichen Straßenraum, auf dem eigenen Grundstück oder in einer Tiefgarage liegen.
