Nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung – Urbane Seilbahnen als innovative Mobilitätslösung
„In der Stadtquartiersentwicklung
spielen die Mobilitätsbedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer eine bedeutende Rolle. Wir möchten mit dieser Studie das Thema urbane Seilbahn aus der Perspektive der Stadt- und Quartiersentwicklung betrachten und damit einen aktiven und neuen Beitrag zur aktuellen Diskussion über urbane Seilbahnen in Deutschland leisten.“
Zielsetzung
Die Ergebnisse der Studie werden aktuelle Trends und Herausforderungen in der Stadtentwicklung aufzeigen. Dazu gehören insbesondere das Wachstum der Städte und deren Umland, der demografische Wandel sowie der Klimawandel. In diesem Zusammenhang wird insbesondere die Verknüpfung dieser Trends mit der Mobilitätswende analysiert und dargestellt. Es gilt zu definieren, unter welchen Bedingungen, urbane Seilbahnen als innovative Mobilitätslösung bei der Stadtquartiersentwicklung eingesetzt werden können.
So sind wir vorgegangen
Grundlage der Studie zu urbanen Seilbahnen, ihren Chancen und Besonderheiten, sind Workshops und Interviews mit Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen gewesen. Beteiligte aus der Stadt- und Verkehrsplanung, aus Verwaltung und Politik, von Seilbahnherstellern und -betreibern sowie Bürgerinnen und Bürger identifizieren in der Studie eine Vielzahl unterschiedlicher „Seilbahneffekte“ und deren Auswirkungen auf Menschen, Stadt, öffentliche Räume sowie Klima und Natur. Weiter bezieht die Studie Sekundärquellenanalysen sowie die Untersuchung und Bewertung von Fallstudien mit ein.
Die Expertinnen und Experten berücksichtigen aber auch die Herausforderungen für urbane Seilbahnen und bedenken diese in der Bewertung, etwas die starre Punkt-zu-Punkt-Verbindung, die Verschattung durch Kabinen sowie die Integration der Seilbahnstützen in das städtebauliche Umfeld.
„Ziel ist es, unsere Städte nachhaltig, resilient und sozial gerecht zu entwickeln –
gerade im Hinblick auf steigende Einwohnerzahlen, die demografische Entwicklung und den Klimawandel. Wir benötigen einen gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr, der zugleich klimaneutral, barrierefrei und sicher ist. Urbane Seilbahnen können dabei einen wichtigen Beitrag leisten.“
Internationale Beispiele weisen den Weg
Die meisten Menschen sehen Seilbahnen zuallererst als Beförderungsmittel für Touristen und als bequemen Weg, den nächsten Gipfel komfortabel zu erreichen. Jedoch erfüllen Seilbahnen an einigen Orten eine alltägliche Funktion als vollwertiger Bestandteil des ÖPNV. Bekannte Beispiele sind die urbanen Seilbahnen in Medellin, Bogota oder der bolivischen Hauptstadt La Paz. Der Blick muss aber nicht nach Übersee reichen. Auch in Europa gibt es aktuelle Beispiele von bereits erfolgreich betriebenen oder in Planung befindlichen Projekten. Diese haben wir in der Studie untersucht und lessons learned abgeleitet.
Chancen von urbanen Seilbahnen unübersehbar
Die positive Tendenz bei der Nutzung von Seilbahnen als alltägliches und klimaneutrales Mobilitätsmittel ist erkennbar. Trotzdem: Seilbahnen im urbanen Bereich und deren Einbindung in den ÖPNV sind in Deutschland Neuland. Planung, Bau und Betrieb und Genehmigung von urbanen Seilbahnen stellen alle Beteiligten vor neue Herausforderungen.
Aber es bewegt sich was: Entsprechend den Zielen der Bundesregierung, dauerhaft die Emissionen im Verkehrssektor zu mindern, wurden Seilschwebebahnen in Deutschland als neue Mobilitätslösung im ÖPNV erkannt. Das hat jüngst auch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) erkannt und im Herbst 2022 einen Handlungsleitfaden für Kommunen und Verkehrsverbünde vorgestellt, um die Integration von Seilbahnen in die urbane Mobilität zu fördern.
„Die Mobilität von morgen
soll klimagerecht und kosteneffizient sein. Die Grundlagen für urbane Seilbahnen sind jetzt gelegt. Es wird Offenheit und Mut benötigt, neue Technologien aufzugreifen, an vorhandene Verhältnisse anzupassen und weiterzuentwickeln.“
Seilbahnstationen als identitätsstiftende neue Quartiersmitte
Eine Seilbahnstation kann neben der eigentlichen Aufgabe als Infrastrukturgebäude weitere Funktionen erfüllen. Durch die Verknüpfung mit weiterer Verkehrsarten, wie Straßenbahn, Bus, Fahrrad und Mikromobilität entsteht ein Mobility Hub. Zusätzlich kann eine Seilbahnstation kann so ausgestaltet werden, dass sie ergänzende Nutzungsarten vereint und damit für ein Stadtquartier eine übergeordnete Funktion erfüllt. Diese Funktionen können ganz unterschiedlich sein. Von Gastronomie, über Einzelhandel, Gesundheits- und Sportangebote wie auch soziale und kulturelle Nutzungen.
Wird eine Seilbahnstation so gedacht und gestaltet kann sie sich zu einem Ort mit hohem Mehrwert für ein ganzes Stadtquartier und dessen Bewohner und Bewohnerinnen entwickeln.
„Eine Seilbahnstation kann damit eine Landmarkfunktion einnehmen
und identitätsstiftend für das Quartier sein. Sie kann einen Begegnungsraum schaffen und verschiedene Nutzungen und Angebote integrieren und sich für die Bevölkerung im Quartier öffnen.“
Gemeinsam gestalten: Beteiligung und Dialog machen den Unterschied
Seilbahnen sind ein neues und unbekanntes Verkehrsmittel im urbanen Raum. Aufgrund dessen ist die Partizipation der Bevölkerung essenziell für die Akzeptanz bei der Planung, Entwicklung und späteren Nutzung von Seilbahnen als Verkehrsmittel in Stadtquartieren. Wie bei anderen Infrastrukturprojekten ist eine durchdachte Beteiligung der für den Erfolg eines Seilbahnprojektes unerlässlich.
Eine frühzeitige Einbindung der Interessengruppen erhöht die Akzeptanz und das Vertrauen in die urbane Seilbahn als sichere, komfortable und attraktive Mobilitätslösung.
Damit können auch mögliche Konflikte widerstreitender Interessen im Zusammenhang mit dem Seilbahnbau im Rahmen von Beteiligungsprozessen aufgenommen und gelöst werden.
„Partizipationsprozesse ermöglichen es,
frühzeitig den Bedarf und Nutzen von urbanen Seilbahnen für die Mobilität und die Lebensqualität in den betroffenen Gebieten zu ermitteln.“
Positive „Seilbahneffekte“ im Überblick
- Urbane Seilbahnen können eine Alternative zur ÖPNV-Erschließung neuer Siedlungsquartiere sein.
- Urbane Seilbahnen sind ein barrierefreies und nichtdiskriminierendes Verkehrsmittel.
- Seilbahnen verursachen wenig Lärm und keinerlei Luftschadstoffe, sie sind deshalb ein emissionsarmes Verkehrsmittel
- Urbane Seilbahnen verursachen kaum Bodenversiegelung und keine geographische Trennung zwischen Stadtarealen. Sie konkurrieren nicht mit den etablierten Verkehrsmitteln um die begrenzten Verkehrsflächen in der Stadt.
- Seilbahnen können Hindernisse wie topographische Höhenunterschiede, Gewässer, Straßen, Gleisfelder oder Industrieareale problemlos überwinden.
- Der CO2-Fußabdruck einer Seilbahn ist deutlich geringer als der von konventionellen Systemen. Seilbahnen können mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
- Seilbahn-Kabinen und Stationen stellen einen Begegnungsraum dar, in dem Kommunikation stattfinden kann.
- Knotenpunkt Seilbahnstation: Neben der Verkehrsfunktion können Geschäfte, Gastronomie und soziale Nutzungen in die Station integriert werden.
- Seilbahnstationen können in einer Stadtquartiersmitte als wichtiger Bezugspunkt wirken und identitätsstiftend sein.
- Seilbahnen können relativ schnell realisiert werden und sind Kosteneffizient.
„Was wir brauchen liegt auf der Hand:
Eine integrierte Planung mit einem ergebnisoffenen Ansatz und den Mut unkonventionelle Wege zu gehen.“
Han Joosten
Fazit
Urbane Seilbahnen leisten als innovative Mobilitätslösung einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung. Sie bieten die Möglichkeit, die Mobilität in Städten effizienter, umweltfreundlicher und attraktiver zu gestalten und gleichzeitig lebenswerte Stadträume zu gestalten. Seilbahnen sollten daher als fester Bestandteil von Machbarkeitsstudien für urbane Mobilitätskonzepte miteinbezogen werden. Denn die Vorteile liegen auf der Hand: nachhaltig, schnelle Bauzeiten, ein relativ geringer Flächenanspruch, wenig Versiegelung und Stationsgebäude, die einem Stadtquartier viele Mehrwerte bietet.
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