Update: Wohnwetterkarte 2024
Hoher Wohnungsbedarf wird zum flächendeckenden Phänomen – Fertigstellungszahlen auf neuen Tiefständen
Seit sechs Jahren legen BPD und bulwiengesa ihre gemeinsame Analyse zur Situation des Wohnungsmarktes in Deutschland vor.
Die sogenannte Wohnwetterkarte zeigt Wohntrends und deren Veränderungen anhand einer Farbskala ähnlich einer Wetterkarte auf.
Wo ein hoher Wohnungsbedarf und ein geringes Angebot aufeinandertreffen, wird es heiß. Im Jahr 2024 sind die Auswirkungen der Immobilienkrise mit rückläufigen Fertigstellungszahlen im Neubau in der Wohnwetterkarte zu sehen.
Festzustellen ist, dass der Bedarf in der Fläche insgesamt steigt, sich der Wohnungsmarkt deutschlandweit tendenziell erwärmt. Zugleich rückt das Thema Finanzierbarkeit von Wohnraum stärker in den Fokus.
Städte, die eine solche Situation bisher nicht kannten, sehen sich einem hohen Druck auf dem Wohnungsmarkt ausgesetzt.
Welches Wetter haben wir wo?
Ein heißer Wohnungsmarkt zeichnet sich aus durch:
- eine hohe Nachfrage (Indikator 1)
- und ein zu geringes Bauvolumen im Vergleich zur Nachfrage (Indikator 2)
Hinweis: Mit dem Plus (+) können Sie die Karte bis zur Ansicht der Gemeindeebenden vergrößern.
Ein heißer Wohnungsmarkt zeichnet sich aus durch eine hohe Nachfrage (Indikator 1) und ein zu geringes Bauvolumen im Vergleich zur Nachfrage (Indikator 2). Mit dem Plus (+) können Sie bis zur Ansicht der Gemeinden zoomen. © GeoBasis-DE / BKG 2024
1. Krise der Bau- und Immobilienwirtschaft nicht überwunden – Herausforderungen bleiben
Eine weitere Konstante bleibt gegenüber den vergangenen Jahren bestehen: Teure Grundstückspreise und hohe Baukosten machen die Schaffung von (bezahlbarem) Wohnraum zu einem schier unmöglichen Unterfangen. Wohnungsbau war in den letzten Jahren bereits herausfordernd – die Situation hat sich weiter verschärft. Die geänderte Zinslandschaft und eine weiter hohe Zuwanderung, nicht zuletzt durch Geflüchtete aus der Ukraine, betreffen das ganze Land.
Die starke Anspannung des Wohnungsmarktes hat insgesamt weiter zugenommen und wird sich aller Voraussicht nach weiter verschärfen. Grund dafür sind vor allem die geringen Baufertigstellungen. Es zeigt sich bereits, dass Regionen heißer geworden sind, die die Nachfrage bisher mit entsprechender Neubautätigkeit bedienen konnten. Der weiter erhöhte Wohnungsbedarf und die gleichzeitig eingebrochenen Fertigstellungszahlen sorgen nun für großflächige Temperaturanstiege.
„Die Krise der Bau- und Immobilienwirtschaft zeigt sich auch in der Wohnwetterkarte von 2024. Der starke Einbruch der Fertigstellungszahlen im Wohnungsneubau, insbesondere in Hochpreisregionen, zeigt das ganz deutlich. Dieser trifft Metropolen und deren umliegende Landkreise ganz besonders stark, aber auch bei kleineren, hochpreisigen Städten, wie Bamberg und Potsdam, sind die Auswirkungen auffällig.“
2. Wohnungsknappheit wird Thema in der Fläche – Neubau dringend notwendig
Laut Zahl von bulwiengesa ist im Mittel mit nur noch 203.000 Wohnungsfertigstellungen pro Jahr zu rechnen, mit einem Tiefstand von nur 175.000 Wohnungen im Jahr 2026. Dabei wird sich der dramatische Einbruch an Baufertigstellungen sogar erst in den kommenden Jahren so richtig bemerkbar machen. Das von der Politik angestrebte Ziel von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr liegt in weiter Ferne. Demgegenüber rechnet das Analysehaus mit 480.000 benötigten Wohneinheiten pro Jahr, aufgrund sinkender Ankünfte von Kriegsflüchtlingen mit sogar etwas weniger als noch im Vorjahr.
Zur Lösung der Wohnungsfrage sowie zur Dekarbonisierung des Immobiliensektors rücken auch deshalb vielfach die Bestandssanierung und Umnutzung in den Vordergrund der Diskussion – klar ist aber, dass es ohne gezielte Neubauaktivität nicht realistisch ist, den Bedarf an allen benötigten Standorten zu decken.
3. Umland heizt sich weiter auf – finanzielle Leistbarkeit rückt in den Fokus
Ausgehend von den Großstädten verschiebt sich angesichts eines geringen Angebots und einem gleichzeitig hohen Bedarf die Nachfrage immer weiter in das Umland, wodurch sich ehemals kühlere Bereiche stärker aufheizen und die Temperaturunterschiede langsam verschwimmen.
In den vergangenen Wohnwetterkarten war beispielsweise der Rhein-Neckar-Raum um die Städte Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg in einer vergleichsweise komfortablen Lage. Die hohe Wirtschaftskraft und die ordentlichen Fertigstellungszahlen sorgten außerhalb weniger Top-Lagen für einen auch preislich moderaten Wohnungsmarkt. Dies hat sich nun auch hier verändert, sodass weitere Entlastungsstandorte in der Region gefragt sind. In Bayern gilt ähnliches für den Raum Würzburg, in Oberschwaben für Ravensburg.
„Bisher bestehende Leerstände wurden durch die verstärkte Zuwanderung inzwischen fast überall in Deutschland abgebaut. Der drastische Einbruch bei den Baufertigstellungen führt dazu, dass das Thema Wohnungsknappheit jetzt in Regionen ankommt, die das seit Jahrzehnten nicht kannten. Dabei wird die finanzielle Leistbarkeit zum zentralen Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt.“
Unser Fazit: Produkte dem regionalen Bedarf anpassen – Politik bei Rahmenbedingungen in der Pflicht
BPD und bulwiengesa kommen in der Analyse zu dem Schluss, dass es für Entwickler zur zentralen Aufgabe wird, passende Angebote hinsichtlich Größe, Ausstattung und Preisgestaltung dort zu machen, wo sie auch gebraucht und nachgefragt werden. Neue Projekte müssen deshalb noch stärker an die Bedürfnisse und die regional vorhandenen Rahmenbedingungen angepasst werden, um zukunftsfähige Projekte zu entwickeln.
Gleichzeitig sehen BPD und bulwiengesa nach wie vor die Politik in der Pflicht, Rahmenbedingungen so zu setzen, dass schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse möglich werden und die bauplanungsrechtlichen Vorgaben zu den tatsächlichen Notwendigkeiten passen, um so den Weg zu mehr bedarfsgerechten Angeboten hinsichtlich Nachfrage und finanzieller Leistbarkeit zu ebnen.
Über die Wohnwetterkarte
Mit der Wohnwetterkarte stellen BPD und bulwiengesa analog zu einer Wetterkarte anhand eines Temperaturgefälles das Verhältnis von Angebot und Nachfrage für jede der rund 11.000 deutschen Städte und Gemeinden dar und geben einen Ausblick auf die nächsten Jahre.
Als Indikator dient insbesondere der Bedarf an Wohnungen, der unter anderem mit dem aktuellen Bauvolumen abgeglichen wurde. Wie auch in den letzten Jahren sind dabei 25 Farbtöne von der kältesten bis zur wärmsten Kommune vergeben. Je heißer eine Gemeinde, desto größer ist der Wohnraumbedarf bei zu geringer Bautätigkeit. Die Wohnwetterkarte soll mit ihrer bildhaften Darstellung politische Entscheidungsträger, Investoren und Nutzer für die Situation auf dem jeweiligen Wohnungsmarkt sensibilisieren. Zudem soll sie dazu anregen, gemeinsam Lösungen für die unterschiedlichen lokalen Herausforderungen zu finden.